Die öffentliche Hand befindet sich meist in unseren Taschen?
Von der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens über den individuellen Grenzsteuersatz
In unserem und im Steuersystem der meisten Industrieländer erfolgt die Berechnung der Steuern nicht etwa derart, dass man einen festen Steuersatz auf ein bestimmtes Einkommen anwendet, also beispielsweise: Wer 50000 Eur im Jahr verdient, der zahlt 40 % Steuern, also 20000 Eur, und wer 40000 Eur im Jahr verdient, der zahlt 35 %, also 14000 Eur. Die Sache sieht komplizierter aus: Sagen wir, jemand verdient im Jahr 10000 Eur Die Berechnung der Steuer erfolgt ungefähr so: Die ersten 1000 Eur, die dieser jemand verdient, werden mit 10% versteuert, dh. 100 Eur die zweiten 1000 Eur, die er verdient, werden mit, sagen wir, 11 % versteuert, dh. 110 Eur, die dritten 1000 Eur, mit 12 %, gleich 120 Eur, usw In einer Tabelle würde das ungefähr so aussehen:
Einkommen |
Steuer-Satz |
Steuern |
1000 Eur
1000 Eur
1000 Eur
1000 Eur
1000 Eur
1000 Eur
1000 Eur
1000 Eur
1000 Eur
1000 Eur |
10 %
11 %
12 %
13 %
14 %
15 %
16 %
17 %
18 %
19 % |
100 Eur
110 Eur
120 Eur
130 Eur
140 Eur
150 Eur
160 Eur
170 Eur
180 Eur
190 Eur |
Gesamt: 10.000 Eur |
|
Gesamt: 1.450 Eur |
Unser Beispielverdiener müsste also auf seine 10000 Eur eine Steuer von 1450 Eur entrichten. Das entspricht einem durchschnittlichen Steuersatz von 14,5 %. Sein Spitzensteuersatz allerdings beträgt 19 %, was, wir aber sehen können, nicht heißt, dass sein gesamtes Einkommen mit 19 % besteuert wird.
Wenn also beispielsweise von einem Spitzensteuersatz von 45 % die Rede ist, so heisst das nicht, dass das gesamte Einkommen mit 45 % besteuert wird. Wir müssten in einem solchen Falle das obige Beipiel weiterführen, bis wir zu den 1000 Eur kommen, die mit 45 % besteuert werden. Der Durchschnittssteuersatz wäre dann aber eben so wenig 45 %, wie er ebensowenig 19 % im obigen Beispiel ist.
Der Spitzensteuersatz ist der höchstmögliche Grenzsteuersatz.
Von Bedeutung ist bei dieser Betrachtung allerdings nicht nur die Steuerprogression oder der nominale "Spitzensteuersatz", sondern auch die Frage, wer diesen Steuersatz überhaupt und worauf zahlt. Die Bemessungsgrundlage bzw. Bezugsbasis für den Steuersatz ist nämlich nicht das "Einkommen" oder der "Verdienst" ansich sondern das "zu versteuernde Einkommen" nach Abzug von Werbungskosten bzw Betriebsausgaben wie Abschreibungen etc, diversen Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen, Freibeträgen etc. Die vordergründige Diskussion um einen Spitzensteuersatz bei der ESt/KSt von 45 % ist quasi überflüssig, da diesen faktisch nur ganz wenige steuerpflichtige Bürger zahlen.
Ab 2004 steigen im übrigen der Grundfreibetrag bei Ledigen von 7.235 Euro auf 7.664 Euro und bei Verheirateten von 14.471 Euro auf 15.328 Euro. Der Eingangssteuersatz von heute 19,9 % sinkt auf 16 % (geplant 15 %) und der Spitzensteuersatz von 48,5 % auf 45 % (geplant 42 %).
Um die Entlastung der Spitzenverdiener nun doch etwas zu kappen, greift der Spitzensteuersatz bereits ab einem zu versteuernden Einkommen von 52.152 Euro bei Ledigen und 104 304 Euro bei Verheirateten - statt wie derzeit erst ab 55.008 Euro beziehungsweise 110.016 Euro.
Aufgrund des erhöhten Grundfreibetrages und des abgesenkten Eingangs- und Spitzensteuersatzes ergibt sich im Jahre 2004 gegenüber 2003 folgende Steuerersparnis (in Euro):
Zu versteuerndes Einkommen |
Einkommensteuer für Alleinstehende |
Einkommensteuer für Verheiratete |
|
|
|
10.000
20.000
30.000
40.000
50.000
60.000
70.000
80.000
90.000
100.000 |
|
|
|
2003 |
2004 |
Entlastung |
611
3.235
6.418
10.158
14.440
19.225
24.078
28.932
33.786
38.623 |
416
2.902
5.959
9.547
13.667
18.155
22.655
27.155
31.655
36.155 |
195
333
459
611
773
1.070
1.423
1.777
2.131
2.468 |
|
2003 |
2004 |
Entlastung |
--
1.222
3.706
6.470
9.514
12.836
16.436
20.316
24.476
28.880 |
--
834
3.146
5.804
8.728
11.918
15.372
19.094
23.080
27.334 |
--
388
560
666
786
918
1.064
1.222
1.396
1.546 |
|
Alle Beträge erhöhen sich noch um den Solidaritätszuschlag von 5,5 % und ggf. die Kirchensteuer von 8 oder 9 %.
Laut Financial Times Deutschland vom 01.Sept. 2005 zahlen Spitzenverdiener im übrigen auch einen Spitzensteuersatz. Danach werden Besserverdienende mit einen Bruttoeinkommen von mehr als 500.000 Eur im Jahr auch mit einen Durchschnittssteuersatz von über 40 % veranlagt. Der gemessene Anteil an Hochversteuerten von allen Steuerpflichtigen in Deutschland beträgt ca. 0,4 %. In absoluten Zahlen dargestellt: 36.634 Personen.
Tiefergehende Quellen:
NETZEITUNG.DE - Deutsches Institut für Wirtschaft: Kirchhof-Konzept mit Flat-Tax 25 % begünstigt Spitzenverdiener
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung - Repräsentative Analyse einkommensstarker Haushalte
topix.de - Steuertabelle ermittelt aus Brutto Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer
wko.at - Tabelle zum Vergleich der Höchststeuersätze in Europa mit Stand 2004
Dipl.-Kfm. J. Kadel - Rechtsgrundlagen zum Einkommenssteuertarif
steuernetz.de - Elementares Steuergesetz: Abgabenordnung
Datenschutz Berlin - Money entspricht Public Person?